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Historische Begleiter

Eine Brücke von der Geschichte zum heutigen Kunstschaffen hat der Emser Designer Mathias Durisch geschlagen indem er sechs lebensgrosse Figuren aus der Geschichte von Ilanz als „historische Begleiter durch die Ausstellung“ gestaltet hat. Wie die Figuren im Atelier von Durisch entstanden sind, kann man hier im Schnelldurchlauf mitverfolgen https://www.youtube.com/watch?v=ZR91IMScfXg

 

 

 

 

 

 

 

Im Bild: Mathias Durisch vor Donat Cadruvi, einer von sechs historischen Figuren, die Durisch für die Ausstellung "ILANZ - Zurück in die Zukunft" gemacht hat.

Mathratus - Minister von Tuverasca

Eine der ersten schriftlichen Quellen zu Ilanz ist das sogenannte „Reichsurbar“ von 842/843, ein Verzeichnis, das der fränkische König erstellen liess mit all seinen Besitztümern. Zur Verwaltung von Oberrätien setzte er einen Grafen ein und dieser wiederum Minister. Das Gebiet von Ilanz, Ruis und Flims bildete das Ministerium „Tuverasca“. Wie wir aus dem Reichsurbar wissen, hiess dessen oberster Amtsträger Mathratus. Mathratus hatte in St. Martin beim Dorf „Hillande“ einen königlichen Hof zu Lehen mit 12 Huben Land, zwei Alpen und die Kirche St. Martin. Seine Aufgabe war es, bei den Untertanen des fränkischen Königs die Steuern einzutreiben, er sass zu Gericht, schlichtete Streit, und musste für den Grundherrn falls nötig in den Krieg ziehen. Mathratus verwaltete (geschätzt) 100 Familien mit gegen 500 Personen. Um seine Leute zu verwalten, hatte Mathratus drei Vasallen namens Gerbertus, Arnolphus und Berethgarius, die ihre Höfe in Rueun und Obersaxen hatten.

Mathratus kommt in der Ilanzer Stadtgeschichte im Kapitel „Das Dorf Ilanz in der Tuverasca“ ab S. 20 vor.

Heinrich von Frauenberg - Grundherr zur Zeit der Stadtgründung 1289

Heinrich von Frauenberg stammt aus dem Geschlecht der Herren von Sagogn. Zwischen 1126 und 1244 lebten vier Generationen dieses mächtigen Hauses in Sagogn. Dann teilte sich die Familie auf und siedelte in Burgen unterhalb Falera (Wildenberg), bei Siat (Friberg) und Ruschein (Frauenberg).

Heinrich von Frauenberg war zur Zeit, als Ilanz eine Stadt wurde (um 1289) einer der Grundherren von Ilanz, Luven und Castrisch. Daher nehmen wir an, dass er mitverantwortlich war für den Ausbau der Siedlung im Gebiet des heutigen Städtli mit mittelalterlichen Mauern und einer Kapelle für die heilige Margarethe.

Heinrich lebte in einer Zeit der Blüte und des Wachstums. Während der Zeit des Interregnums (1245-1273), in der niemand für die Verwaltung der Untertanengebiete zuständig war, hatten sich in Oberrätien die lokalen Machthaber selbständig gemacht und die Geschäfte selber in die Hand genommen. Heinrich von Frauenberg war einer von ihnen. Viel weiss man nicht von ihm. Er verkehrte in den Rätischen Ritterkreisen und kommt in einigen wenigen Dokumenten vor als Zeuge bei Geschäften vor. An der Schlacht bei Ems am 26. August 1255  war er nicht beteiligt. Dafür hat er sich an der Seite von Adolf von Nassau in der Schlacht bei Göllheim ins Kampfgeschehen gestürzt.

Von Heinrich von Frauenberg gibt es eine Abbildung in der Manessischen Liederhandschrift. Es zeigt Heinrich auf einem Turnier, wie er siegreich seinen Gegner vom Pferd stösst. In der Liederhandschrift sind auch Minnelieder aufgezeichnet, die von Heinrich stammen. Irgendwann zog die Familie von Frauenberg auf die Burg Gutenberg bei Balzers. Dort ist Heinrich auch verstorben. Die Historiker sind sich nicht ganz einige, ob es einen Heinrich von Frauenberg gegeben hat oder deren zwei, vermutlich Vater und Sohn.

Über Heinrich von Frauenberg ist in der Ilanzer Stadtgeschichte im Kapitel von Heinz Gabathuler mehr zu erfahren.

Johannes Comander - Bündner Reformator um 1526

Johannes Comander wurde 1484 in Maienfeld geboren. Er besuchte die Klosterschule St. Gallen und immatrikulierte sich im Wintersemester 1502 an der Universität Basel, wo er die Bekanntschaft von Ulrich Zwingli machte. Nach dem Abschluss seiner Studien wurde er 1512 Pfarrverweser und 1521 Pfarrer in Escholzmatt.
1523 schloss er sich der reformatorischen Bewegung an und wurde an die Hauptkirche St. Martin in Chur berufen. Hier predigte er im reformatorischen Sinne und setzte bis 1527 die Reformation in Chur durch.
Comander hatte mit den anderen Schweizer Reformatoren wie Ulrich Zwingli und Joachim von Watt ständigen Kontakt. Angeregt von diesen verfasste er seine 18 Reformationsthesen und verteidigte diese auf dem Ilanzer Religionsgespräch am 7. Januar 1526. Diese Reformationsthesen dienten später Berchtold Haller und Franz Kolb als Vorlage für die Schlussreden der 1528 durchgeführten Berner Disputation. Wir dürfen eine von zwei in Graubünden noch vorhandenen Exemplare dieser Druckschriften in der Ausstellung ILANZ zeigen - also eine Rarität.
Als Comander am 14. Januar 1537 Vorsitzender der Geistlichkeitssynode wurde, baute er gemeinsam mit Heinrich Bullinger synodale Einrichtungen auf. Er verfasste gemeinsam mit seinen Beratern, dem zweiten Stadtpfarrer Johannes Blasius und dem Stadtlehrer Jakob Salzmann 1537 den ersten Bündner Katechismus für die Jugend, der nur in einer romanischen Übersetzung auf uns gekommen ist. Im Zuge der Reformation veranlasste er 1539 die Eröffnung einer humanistisch geprägten Lateinschule im Dominikanerkloster und verfasste 1545 die Churer Kirchenordnung. Johannes Comander strarb 1557 in Chur.  400 Jahre nach seinem Tod wurde Comander zu Ehren in Chur die Comanderkirche eingeweiht.
Mehr zu Comander ist in der Ilanzer Stadtgeschichte im Kapitel "Reges Geistesleben unter dem Einfluss von Renaissance, Humanismus und Reformation" ab S. 91 nachzulesen.

Christoffel Schmid von Grüneck - Generalmajor in holländischen Diensten

Christoffel Schmid von Grüneck (1671–1730) war eine der herausragenden Figuren seiner Zeit. Sein Werdegang ist exemplarisch für die Ilanzer Offiziersfamilien. Christoffel geniesst eine Schulbildung in Zürich. Im Alter von 15 Jahren wählt ihn die Landsgemeinde zum Landammann und zum Bundesdelegierten. Sein Cousin, Hercules von Capol, verschafft ihm eine Stelle als Podestat in Morbegno. Die Verwaltung sagt ihm aber nicht zu, und er zieht nach Paris und Holland, studiert Jurisprudenz und findet Anschluss an Bündner Offizierskreise. Er bildet sich weiter in Arithmetik, Geografie, Trigonometrie und Festungsbau. Er lernt reiten und fechten, das Geigenspiel und das Tanzen. Im Spanischen Erbfolgekrieg kämpft er in verlustreichen Schlachten auf seiten der Alliierten und erweist sich als kluger Kommandant der Bündner Truppen. Christoffel macht unter der Schirmherrschaft von Brigadier von Capol Karriere bis zum Generalmajor. Als Capol fällt, tritt er dessen Nachfolge an, das Regiment heisst nun Regiment Schmid. Seine Ehe mit Elisabeth Schmid von Grüneck wird geschieden. Begraben ist er in Ilanz.

Neben den Schmid von Grüneck gab es noch weitere Junker- oder Adelsfamilien, die von Bedeutung waren: Die Castelberg, die Montalta, die Willi, die Caprez, die Baselgia, die Gabriel. Die Schmid von Grüneck waren unter ihnen die Wohlhabendsten, sie waren gut ausgebildet und hatten im Freistaat der Drei Bünde wichtige Funktionen.

Neben dem Haus am Obertor, aus dem die reich geschnitzte Türe in der Ausstellung ILANZ stammt, gehörten auch das heutige Museumsgebäude sowie die Casa Gronda den Schmid von Grüneck.

Die Familie Schmid von Grüneck wird im Kapitel von Adrian Collenberg „Die Führungsfamilien im 17. und 18. Jahrhundert" in der Stadtgeschichte ab S. 193  beschrieben.

Babette Gasteyer - erste Generaloberin des Frauenklosters

Babette Gasteyer wurde am 15. April 1835 in Nastätten (Nassau, Taunus, D) als Maria Barbara (Babette) Gasteyer geboren. Sie genoss eine gute Schulbildung, ihr Vater war königlicher Regierungssekretär in Wiesbaden. Ihre Kindheit war durch lange Krankheit geprägt. Sie wurde Erzieherin und machte einen Abschluss im Lehrfach. Am 6.12. 1867 legte sie das Gelübde ab und hiess danach Sr. Maria Theresia.

Der Gründer der Ilanzer Frauenkongregation, der ehemalige Jesuit Gion Fidel Depuoz begegnete Sr. Maria Theresia und überzeugte sie, nach Ilanz zu kommen. Am 15. März 1868 wurde sie als erste Generaloberin gewählt und lenkte die Kongregation „Von der göttlichen Liebe“ durch schwierige Zeiten. Babette Gasteyer war eine ruhelose Schafferin und Kämpferin für ihr Kloster und die angegliederten Institutionen, das Spital und die Schule.

Die Ilanzer Kongregation (später Frauenkloster der Dominikanerinnen) verehrt Sr. Maria Theresia als ihre geistliche Mutter. 1892 verstarb sie im Churer Constantineum.

Die Gesellschaft von der göttlichen Liebe wird im Buch „Ilanzer Stadtgeschichte“ im Kapitel „Entwicklung“ von Silke Margherita Redolfi auf Seite 275 beschrieben.

 

 

Donat Cadruvi - Politiker und Stadtammann von Ilanz zur Zeit der Hochkonjunktur

Donat Cadruvi (1923-1998) war Bürger von Ruschein und wuchs in Schluein in bescheidenen Verhältnissen auf, als Sohn des Zimmermanns Pieder Cadruvi und seiner Frau Nesa geb. Bergamin. Cadruvi, der gerne Journalist geworden wäre, absolvierte aus wirtschaftlichen Gründen eine kaufmännische Schule und arbeitete als Sekretär beim Kantonsgericht Graubünden. Auf dem zweiten Bildungsweg holte er die Matura nach und studierte Rechtswissenschaften in Freiburg.
1954 liess er sich als Rechtsanwalt in Ilanz nieder. Nun begann eine steile politische Karriere. 1957 zum Ilanzer Kreispräsident gewählt, war er von 1957 bis 1965 und wieder von 1967 bis 1971 CVP-Grossrat und von 1963 bis 1971 Nationalrat. Von 1964 bis 1968 präsidierte Cadruvi die Bündner CVP. 1975 wurde er Ilanzer Stadtammann. Dieses Amt gab er 1978 mit der Wahl zum Bündner Regierungsrat ab. Als Vorsteher des Bau- und Forstdepartements, sass Cadruvi bis 1988 in der Regierung.

Der einflussreiche konservative Politiker und kluge Kopf hatte in den 1960er- und 1970er-Jahren zahlreiche Verwaltungsratsmandate inne und engagierte sich stark für die wirtschaftliche Entwicklung der Surselva. Wegen seines wenig toleranten Umgangs mit oppositionellen Kräften und seiner dezidiert wirtschaftsfreundlichen Politik stand Cadruvi aber auch in der Kritik. Bekannt wurde Cadruvi auch als Literat und Förderer des Rätoromanischen. So schrieb er Novellen, Gedichte und Theaterstücke und publizierte Kolumnen in den Tageszeitungen.

Aus dem Kapitel „Leuchturm“ von Silke Redolfi in der „Ilanzer Stadtgeschichte“ auf S. 309